26.01.2023

Brasilien: Neustart für eine nachhaltige Landnutzung

Aus dem Projekt RESTORE+ der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) wurden wissenschaftsbasierte Erkenntnisse gewonnen, die der neuen Regierung von Lula da Silva helfen sollen, ihre Verpflichtungen zur Wald- und Landschaftswiederherstellung zu erfüllen.

Brasiliens Beitrag zur Erfüllung der Bonn Challenge und seiner Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen erfordern eine solide und langfristige Bewertung der Auswirkungen der Landnutzung, um fundierte politische Entscheidungen hinsichtlich dieser Ziele zu treffen. Das von der IKI geförderte Projekt RESTORE+, das die mit dem Ziel der Wiederherstellung von Wald und Landschaften verbundenen Kapazitäten zur Landnutzungsplanung stärken soll, hat die bestehenden Ressourcen zur Landüberwachung und -modellierung in Brasilien verbessert. Dies wurde möglich, indem man die Folgen der Landnutzung bewertet hat, um quantifizierte und räumlich explizite Erkenntnisse für die Landnutzungspolitik zu gewinnen.

Im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens hat sich Brasilien dazu verpflichtet, bis 2030 43 Prozent seiner Kohlenstoffemissionen im Vergleich zu 2005 einzusparen. Ein wesentliches Element dieser Verpflichtung ist, die illegale Entwaldung im Amazonasgebiet bis 2030 vollständig zu stoppen. Dabei soll das brasilianische Waldgesetz (FC, Forest Code) als Rechtsinstrument dienen.

Berechnung von Szenarien

Für die langfristige Bewertung der Folgen der Landnutzung im Rahmen des Projekts haben die RESTORE+-Projektpartner vom Nationalen Institut für Raumforschung (INPE) in Brasilien Szenarien mit unterschiedlichen Umsetzungsgraden des FC entwickelt. Diese Szenarien dienen als Instrument, um einen Einblick in mögliche Zukunftsperspektiven zu gewinnen. Einem Szenario der vollständigen Umsetzung des FC wurde ein Szenario mit einer abgeschwächten Umsetzung des FC gegenübergestellt.

„Unsere Erkenntnisse haben gezeigt, dass das Waldgesetz bei rigoroser Umsetzung einen Nettoverlust von 53,4 Millionen Hektar Wald und einheimischer Vegetation verhindern könnte, davon entfallen allein 80 Prozent dieser Flächen auf das Amazonasgebiet“, fasst Fernando Ramos, leitender Wissenschaftler am INPE, die Ergebnisse zusammen. Dabei bringt die Kontrolle der illegalen Entwaldung den größten Nutzen für die Umwelt, aber auch die verbindlich vorgeschriebene Wiederherstellung von illegal entwaldeten Flächen schafft 12,9 Millionen Hektar an wiederhergestellter Waldfläche. Unter einer abgeschwächten Umsetzung des FC leidet vor allem der Waldschutz stark, was zu einer Zunahme der kumulierten Entwaldung um 28,8 Millionen Hektar führt. Betrachtet man alle Biome, so verringert sich die Gesamtfläche an einheimischer Vegetation bei einer abgeschwächten Umsetzung des FC um 41,2 Millionen Hektar.

Neuer Lösungsansatz mit Big Data

Die Projektpartnerinnen und Projektpartner in Brasilien entwickelten einen innovativen Deep-Learning-Lösungsansatz, um nicht gekennzeichnete Daten zu klassifizieren. Diese Daten wurden anschließend genutzt, um mithilfe von Satellitenbild-Zeitreihen Karten zur Klassifizierung der Landnutzung und -bedeckung zu erstellen.

„Diese Ergebnisse können die Effizienz in der Überwachung der Landbedeckung in hohem Maße steigern, weil sie einen Übergang von der zeitaufwändigen manuellen und visuellen Interpretation hin zu einer auf Big Data gestützten, automatisierten Interpretation darstellen“, so Gilberto Camara, leitender Wissenschaftler am INPE. Dies ist auch relevant, wenn es darum geht die Landnutzungs- und -bedeckungsplanung sowie die öffentliche Politik zur Wald- und Landschaftswiederherstellung und zur nachhaltigen Erzeugung von Nahrungsmitteln und Energiepflanzen zu unterstützen. Auch die Schätzung der Treibhausgasemissionen (THG) für die Durchführung der national festgelegten Klimaschutzbeiträge (NDCs) Brasiliens wird dadurch vereinfacht (weitere Informationen finden Sie hier).

Neue Erkenntnisse für eine gezielte Landnutzung

Die Mitglieder des Teams von RESTORE+ Brasilien haben eine detaillierte Bewertung der Herausforderungen für die Wald- und Landschaftswiederherstellung im brasilianischen Amazonasgebiet vorgenommen. Nachdem sie die Unstimmigkeiten und Überschneidungen zwischen den Daten aus verschiedenen offiziellen Quellen bereinigt hatten, erstellten sie eine neue Karte über den öffentlichen und privaten Landbesitz in Amazonien. Diese Karte kombinierten sie mit den offiziellen Daten zur Entwaldung in Brasilien und konnten so messen, wie viel natürliche Vegetation in jedem öffentlichen oder privaten Gebiet erhalten geblieben, und wie hoch das Ausmaß der illegalen Entwaldung in Amazonien ist.

Die neuen Ergebnisse der brasilianischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Rahmen des RESTORE+-Projekts zeigen, dass einige wenige Landbesitzerinnen und Landbesitzer für den größten Teil der Entwaldung in ländlichen Gebieten verantwortlich sind. Diese Erkenntnis hat weitreichende Auswirkungen auf die Strafverfolgung. Auch die Herausforderungen für die Wald- und Landschaftswiederherstellung wurden im Detail bewertet. Zu diesem Zweck untersuchte das Team, wie viel Waldfläche gemäß dem brasilianischen Waldgesetz für jeden privaten Grundbesitz wiederhergestellt werden muss. Diese Analyse liefert eine umfassende Schätzung der potenziellen Opportunitätskosten für die Wald- und Landschaftswiederherstellung in dem Biom unter Berücksichtigung der Größe der landwirtschaftlichen Betriebe und der Landnutzung. Auf diese Weise bietet die Analyse neue Erkenntnisse für eine gezielte Landnutzung und für eine Politik, mit der Brasilien seine Ziele zur Wald- und Landschaftswiederherstellung erreichen kann.

Diese Erkenntnisse wurden auch im Rahmen eines IKI Brown Bag Lunchs unter dem Motto „Welche Optionen gibt es für die brasilianische Waldpolitik und gibt es eine für das Amazonasgebiet geeignete Bioökonomie?“ vorgestellt. Und so berichteten Prof. Dr. Gilberto Camara vom INPE (das RESTORE+-Projekt der IKI wird vom nationalen Institut für Raumforschung (INPE) in Brasilien und vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) durchgeführt) und Rafael Feltran-Barbieri vom Weltressourceninstitut (WRI), Brasilien, am 26. Januar über verschiedene Optionen für die Waldpolitik Brasiliens und deren potenzielle Auswirkungen.

Der Link wurde in die Zwischenablage kopiert

Kontakt

IKI Office
Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH
Stresemannstraße 69-71

10963 Berlin

iki-office@z-u-g.org

Weitere Informationen

Fachzeitschrift „Environmental Research Letters“ (ERL): Die Schwerpunktausgabe „Focus on Tropical Landscape Restoration” enthält die wichtigsten Ergebnisse aus dem Projekt.

Webseite von RESTORE+: Veröffentlichungen von Kurzberichten, Berichten und Peer-Reviews

Präsentation

Folien der Präsentation von Prof. Dr. Gilberto Camara, National Institute for Space Research (INPE), Brasilien, im Rahmen des Brown Bag Lunchs vom 26.1.2023 (PDF)